Lehrgang Forensische Psychologie

Überblick

Die Forensische Psychologie ist ein Teilgebiet der Psychologie. Gemeinsam mit der Kriminalpsychologie ist sie zugleich ein Teilbereich der Rechtspsychologie. Ziel ist es, Probleme des Rechtswesens durch den Einsatz psychologischer Theorien und Methoden zu lösen bzw. dadurch weitere Erkenntnisse zu gewinnen. Eine grobe Gliederung kann wie folgt vorgenommen werden:

a) Forensische Psychologie: psychologische Methoden werden in Gerichtsverfahren eingesetzt
b) Kriminalpsychologie: Dieser Bereich widmet sich der Kriminalprävention und der Behandlung von Straftätern. Zudem wird erforscht, wie Kriminalität entsteht und wie man Kriminalität unter Zuhilfenahme psychologischer Verfahren aufdecken kann.

Aufgabenbereiche der Rechtspsychologie

Wichtige Aufgabenbereiche der Rechtspsychologie sind jedenfalls:

Erstellung von Gutachten, sei es im Außerstreitverfahren (Pflegschaftsverfahren  zur Kindeswohlgefährdung, Obsorge und Besuchsregelungen) oder auch im Bereich des Strafrechts (Bewertung der Glaubhaftigkeit von Zeugenaussagen, Beurteilung der Schuldfähigkeit von Personen)

Strafvollzug, sei es bei der Behandlung von Straftäter*innen oder auch bei deren Rehabilitation oder auch bei der Betreuung von Personen (Opfer, Angehörige, Täter). Auch Entlassungsprognosen bei Insassen sind ein wichtiges Thema.

Forschung, im Sinne von Ursachenforschung und Motivforschung im Zusammenhang mit kriminellem Verhalten, psychosoziale und psychopathologische Gegebenheiten, die kriminelles Handeln bedingen

Anhand von 6 ausgesuchten Schwerpunkten aus dem Arbeitsgebiet der Rechtspsychologie wollen wir die TeilnehmerInnen mit dem Gebiet bekanntmachen und auch die fachliche Basis für die zukünftige Tätigkeit in der Rechtspsychologie legen bzw. für bereits im Fachbereich tätige KollegInnen Zusatzwissen bereitstellen. Die Schwerpunkte des Lehrgangs sind:

        1. Grundlagen der forensischen Psychologie, Suchtmittel, Alkohol: Missbrauch, Therapie im Strafvollzug
          2. Begutachtung und Therapie von Sexualstraftätern
          3. Beratung bei Trennung und Scheidung (Außerstreitgesetz)
          4. Suizidprävention und nicht-suizidale Verhaltensweisen
          5. Kriminalpsychologie: Analyse von Gewaltdelikten, Risikomanagement und Prävention
          6. Waffenpsychologische Begutachtung (1. WaffV), Diagnostik im Vorfeld des Erlangens einer Waffenbesitzkarte

Kursdetails

Zielgruppe des Lehrgangs

  • Psychologinnen und Psychologen, die im engeren Gebiete der Rechtspsychologie (z.B. Unterbringungsgesetz) und im Strafvollzug tätig sind
  • Berufsangehörige, die im Strafvollzug für Rechtsbrecher bzw. in den speziellen Einrichtungen für „geistig abnorme“ oder „entwöhnungsbedürftige“ Rechtsbrecher tätig werden wollen oder bereits tätig sind
  • Allgemein gerichtlich beeidete Sachverständige für Psychologie (z.B. Klinische Psychologie – inkl. Suchtmittel, Traumatisierung, Neuropsychologie sowie Arbeitspsychologie und Organisationspsychologie)
  • Berufsangehörige, die im ambulanten Bereich der Rückfallprävention tätig sind oder zukünftig sein wollen, wie z.B.
    • Alkoholtäter
    • Drogenabhängige
    • Potentielle Sexualstraftäter im Vorfeld der Tatbegehung im Rahmen der Verbrechensprävention
  • Berufsangehörige, die als Kinderbeistand tätig sind bzw. diese Tätigkeit anstreben
  • Berufsangehörige, die eine Tätigkeit als GutachterIn nach 1. WaffV anstreben

Terminüberblick

  • 6 Modulseminare (gesamt 90 Einheiten à 45 min)

  • Den Terminüberblick finden Sie auf dem gesonderten Terminblatt je Lehrgang.

Zertifizierung

Nach Absolvierung des Curriculums erfolgt die Zertifizierung wie folgt:

  • Forensische PsychologIn: für PsychologInnen
  • ExpertIn für Forensische Psychologie: für andere Berufsgruppen

Das Wissen wird als Weiterbildung vermittelt. Das bedeutet, dass Sie es im Rahmen Ihrer bereits bestehenden beruflichen Qualifikationen (z.B. Klinische Psychologin / Klinischer Psychologe) anwenden können. Es handelt sich nicht um eine Ausbildung zur Erlangung neuer berufsrechtlicher Qualifikationen.

 

Anmeldung für Teilnehmende

Die Anmeldung erfolgt per Mail an office@wikip.at.

 

Kosten

EUR 2.190,- inkl. USt.

Zum Veranstalter

Der Lehrgang wird gemeinsam mit der AAP durchgeführt.

Referent*Innen Team

Julia BREZINA-JÜRISSEN, MSc

Klinische Psychologin, Traumatherapeutin, seit 2017 in der Justizanstalt Sonnberg tätig

Mag. Barbara KLEEDORFER

Klinische & Gesundheitspsychologin in eigener Praxis auch unter Einsatz tiergestützter Therapie, Schwerpunkt Kinder-, Jugend- und Familienpsychologie, allgemein beeidete & gerichtlich zertifizierte Sachverständige für Kinder-, Jugend- und Familienpsychologie, Dyskalkulietherapeutin

Mag. Heidrun NEDOMA

Klinische- und Gesundheitspsychologin, Notfallpsychologin, Forensische Psychologin, Kriseninterventionstrainerin

Mag. Isabelle SCHATTEN-HAUBNER

Klinische Psychologin, Rechtspsychologin, Sexualpsychologin Spezialisierung zur Kinder-, Jugend- und Familienpsychologin i.A. in der Justizanstalt Sonnberg tätig und selbstständig in eigener Praxis. Nebenberufliche Lehrtätigkeit an der WIKIP und Dozentin an der Universität Innsbruck

Mag. Wolfgang MARX

Klinischer- und Gesundheitspsychologe, Kriminal- und Notfallpsychologe

Kursmodule

Einführung in den Strafvollzug, Grundlagen, Vollzugsformen, Suizidalität im Strafvollzug (15 EH)

  • Vorstellung justizinterner Einrichtungen und Departements mit ihren Behandlungsansätzen und therapeutischen Schwerpunkten
  • Vorstellungsrunde, Erwartungen an das Seminar, Organisatorisches, Themenüberblick, Beantwortung offener Fragen, Einführung in den Strafvollzug
  • Sexuelle Deviation – Fokus auf Pädophilie und den unterschiedlichen Kindesmissbrauchstypen Part I (Grundlagen und Zweck des Strafvollzugs Vorstellung unterschiedlicher Vollzugsformen
  • U-Haus, Normalvollzug, Sondervollzug (Vorstellung unterschiedlicher Maßnahmen). Bürgeranwalt, Maßnahmenvollzug vor Reform, Forensisches Zentrum Asten
  • Einführung in den Strafvollzug Part II, Erste Schritte zur Vollzugsplanung (Klassifizierung), Suizidabklärung im Vollzug, Suizidalität im Vollzug, Suizidberichte der letzten Jahre
  • Vollzugsalltag/Formales Part I (Sicherheit im Gefängnis, Aufbau (Personal) einer Justizanstalt, Interaktive Übung: Rechte und Pflichten von Insassen, Ordnungswidrigkeiten, Ordnungsstrafen
  • Vollzugsalltag/Formales Part II (Erstellung eines individuellen Vollzugsplans, Bedingte Entlassung und gerichtliche Weisungen, Risikotäter (Erlass)
  • Vorstellung der BEST (Begutachtungs- und Evaluationsstelle für Gewalt- und Sexualstraftäter)
  • Vorstellung der Justizanstalt Sonnberg (Anstalt und Abteilungen, Aufgaben des psychologischen Dienstes)
  • Therapieangebot in Sonnberg (Alkoholmodul, Antigewaltgruppe, Suchtgruppen, Deliktbearbeitungsgruppe)
  • Sexuelle Deviation (Unterschiedliche Paraphilien, Besonderer Fokus auf Pädophilie, Differenzierung unterschiedlicher Missbrauchstypen), Pädosexuelle Sexualstraftäter
  • 15 Einheiten

Kriminalprognostische Stellungnahmen, Interventionstechniken im Strafvollzug (15 EH)

  • Checkliste für Vollzugslockerung/Lockerungsprognose (Unterschiedliche Zugänge der verschiedenen Fachdienste, Vorstellung einer anonymisierten Checkliste)
  • Diagnostik und Risikoprognostik (Vorstellung unterschiedlicher Prognoseinstrumente, Ausgewählte Risikoprognose bei Gewaltstraftäter, Sexualstraftäter)
  • Exkurs Psychopathie und Vorstellung der PCL (Psychopatic Checklist/Diagnoseinstrument für Psychopathie)
  • Workshop: interaktive Übungen zu diversen Interventionstechniken sowie praxisorientierter Einblick anhand von Fallbeispielen zu unterschiedlichen Insassenpopulationen (z.B. Sexual- und Gewaltstraftäter, Straftäter mit Delikten unter Alkoholeinfluss oder anderen substanzgebundenen Stoffen)
  • Behandlungskonzept/Therapieform unter Einbezug des Buches: Arbeitsbuch Täterhilfe
  • Vorstellung einer anonymisierten Ausarbeitung einer Einheit eines Insassen
  • Behandlungskonzepte für Straftäter mit Delikten unter Alkoholeinfluss (Interaktive Übung: Alkoholmodul)
  • Behandlungskonzept für Gewaltstraftäter (PsyBeg, Antigewaltkonzept Sonnberg, Interaktive Übung zu einer Gewalttherapieeinheit
  • Weitere strafvollzugsspezifische psychologische Behandlungsangebote (Suchtbehandlung, Deliktbearbeitungsgruppe für Pädosexuelle Straftäter, ASAT)

Beratung bei Trennung und Scheidung nach § 95 und § 107 Außerstreitgesetz (15 EH)

  • PflegschaftsrichterInnen haben nun die Möglichkeit, zur Sicherung des Kindeswohles eine verpflichtende Familien-, Eltern- oder Erziehungsberatung nach § 107 in Obsorge- oder Kontaktrechtsverfahren anzuordnen. Durch die Beratung sollen Bedingungen für die Entlastung und Unterstützung der Kinder geschaffen werden, aber auch die aktuellen und mittelfristigen Entwicklungsbedingungen der Minderjährigen verbessert werden. Seit 2013 sind Eltern vor einer einvernehmlichen Scheidung verpflichtet, dem Gericht zu bescheinigen, dass sie sich über die spezifischen, aus der Scheidung resultierenden Bedürfnisse ihrer minderjährigen Kinder, bei einer geeigneten Person oder Einrichtung haben beraten lassen (Elternberatung nach § 95 Abs. 1a AußStrG). Ohne eine derartige (verpflichtende) Beratung ist es seither nicht mehr möglich, sich einvernehmlich scheiden zu lassen.
  • 15 Einheiten

Suizidprävention und Nicht- suizidale selbstverletzende Verhaltensweisen (15 EH)

In diesem Seminar werden anhand von Theorie, Fallbeispielen und Diskussionen relevante Bereiche der Suizidprävention und der Umgang mit Nicht suizidalen selbstverletzenden Verhaltensweisen erörtert. Zum jeweiligen Thema werden neben dem Basiswissen, den relevanten Entstehungsfaktoren und Abklärungsmöglichkeiten auch die dazugehörigen Kriseninterventionstechniken und Handlungsmöglichkeiten im Sinne eines Handwerkszeuges vermittelt. Zudem bietet das Seminar einen spannenden Einblick in die Suizidprävention im Bereich des Strafvollzuges.

Kriminalpsychologie: Die kriminalpsychologische Analyse von Gewaltdelikten und Schlussfolgerungen hinsichtlich Risikomanagement und Prävention (15 EH)

Im Seminar sollen zunächst kriminalpsychologische Ansätze zur Analyse und Beurteilung von Gewalttaten dargestellt werden. Dabei wird insbesondere die Methodik der Operativen Fallanalyse vorgestellt. Konkret wird u.a. auf Grundzüge der Verhaltensanalyse, Klassifikation von schweren Gewaltdelikten, Tätertypologien, sexuelle Gewalt sowie insbesondere auf Gewalt im sozialen (Beziehungs-) Umfeld eingegangen. Des Weiteren werden die Aufgabenfelder der forensischen Psychologie und Psychiatrie skizziert und interdisziplinäre Ansätze der Risikobeurteilung hinsichtlich Wiederholungsgefahr nach Gewaltdelikten vorgestellt. Im dritten Seminarteil soll der Fokus auf Gewaltprävention gelegt und nach dem Ansatz des Bedrohungsmanagements Risikofaktoren hinsichtlich schwerer zielgerichteter Gewalt im Vorfeld von Beziehungsdelikten, Amoktaten und School Shootings diskutiert werden.

Waffenpsychologische Begutachtung nach 1. WaffV

Die Lehrveranstaltung gibt einen aktuellen Überblick in die rechtlichenRahmenbedingungen und in die psychologischen Hintergründe der waffenpsychologischen Begutachtung nach 1. WaffV. Eine Supervisionsrunde mit erfahrenden GutachterInnen in diesem Bereich ergänzt den Theorie-Input vom Vortag.

Downloads

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